Die Bedrohung
Im Jahr 2015 unterzeichneten Deutschland und Polen ein Regierungsabkommen, um den Grenzfluss Oder vorgeblich für den Hochwasserschutz durch tiefgehende Eisbrecher sowie für die Binnenschifffahrt auszubauen. Der Hafen in Schwedt soll für Küstenmotorschiffe erreichbar und die Häfen in Szczecin und Świnoujście für Hochseeschiffe ausgebaut werden. An der gesamten Oder planen die Regierungen Polens und Tschechiens sogar eine Staustufenkette und den Bau des Donau-Oder-Elbe-Kanals, um die Ostsee und das Schwarze Meer für große Binnenschiffe zu verbinden. Die Oder soll als sogenannte „E30“-Wasserstraße zu einer internationalen Wasserstraße im Kernnetz der Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-T) werden. Sie wäre für Schiffe mit einer Länge von mehr als 80 Metern ausgelegt. Um sie aufnehmen zu können, muss die kanalisierte Oder mindestens 2,5 Meter tief sein. Der Bau würde diesen großartigen naturnahen Strom in der Mitte Europas zerstören. Dagegen bedarf es großer Kraftanstrengungen aller, damit sich die beim Rhein-Main-Donau-Kanal gemachten Fehler nicht wiederholen.
Damit Güterschiffe die Gewässer der Oder befahren können, müssten sie in vielen umweltsensiblen Teilen der Flusslandschaft begradigt, vertieft, aufgestaut und ausgebaggert werden. Die Baumaßnahmen könnten die Aue austrocknen, Natura 2000-Gebiete direkt beeinträchtigen, Arten bedrohen und seltene Lebensräume zum Verschwinden bringen. Der geplante Ausbau der Grenzoder und der Bau der „E30“-Wasserstraße würde Ökosystemleistungen wie Wasserrückhaltung, Hochwasserschutz und Kohlenstoffspeicherung nicht nur untergraben. Er würde vielmehr das Hochwasserrisiko an den Engstellen der Oder erhöhen. Darüber hinaus würde enormes Potential für Naturtourismus und naturnahe Wirtschaftsweisen verloren gehen.
Experten haben festgestellt, dass eine Machbarkeitsstudie für den Regulierung der deutsch-polnischen Grenzoder aus dem Jahr 2014 entscheidende Faktoren nicht berücksichtigt hat. Dazu gehört die unkontrollierte Erosion der Sohle des Flusses, die Absenkung des Grundwasserspiegels, die Erhöhung des Hochwasserrisikos und die Auswirkungen des Klimawandels. Die Umweltverbände warnen für die gesamte Oder und den geplanten Donau-Oder-Elbe-Kanal auch vor schwerwiegenden negativen Auswirkungen auf den ökologischen Zustand wichtiger Schutzgebiete. Sie weisen auch darauf hin, dass ein Mangel an Anhörung der Interessenträger und der Öffentlichkeit wahrscheinlich gegen nationales und internationales Recht verstoßen würde. Die wichtigsten Ergebnisse sind unten aufgeführt.