Umweltorganisationen sehen Risiko einer neuen Umweltkatastrophe an der Oder

Internationales Bündnis kritisiert schleppendes Vorgehen der Regierungen

Koalition „Zeit für die Oder“

Berlin/Wroclaw – Seit der Umweltkatastrophe vom August 2022, die durch eine Vergiftung der Oder verursacht wurde, hat sich die Situation an der Oder nicht wesentlich verbessert. Das einzige, was den Fluss vor einer weiteren Tragödie bewahrt, ist die kalte Jahreszeit. Im Herbst und Winter sind die Wasserstände im Fluss höher und die Temperaturen niedriger. Mit Sorge blicken zahlreiche Umweltorganisationen.

Bislang ist kein konkreter und wirksamer Plan zur Behebung der Situation in Sicht, und salzhaltige Abwässer werden ständig mit Genehmigung in den Fluss eingeleitet. Obwohl die Oder ein grenzüberschreitender Fluss ist, der durch die Tschechische Republik, Deutschland und Polen fließt, gibt es keine konstruktive zwischenstaatliche Zusammenarbeit in dieser Frage“, sagte DNR-Geschäftsführer Florian Schöne. Dies sei umso erstaunlicher, als es sich um einen Fluss handelt, der für gleich drei Länder – und EU-Mitgliedstaaten – wichtig ist.

Im Gegensatz zu den Regierungen arbeiten an der Oder zivilgesellschaftliche Organisationen aus Polen, Deutschland und der Tschechischen Republik eng zusammen. Am 8. Februar 2023 trafen sich Organisationen der internationalen Koalition „Zeit für die Oder“ und der Koalition „Rettet die Flüsse“ in Wrocław, um über die Situation an der Oder zu beraten und einen Zeitplan für gemeinsame Initiativen festzulegen. Gemeinsames Ziel ist, dass die Regierungen endlich konkrete Maßnahmen ergreifen, um den Salzgehalt und andere Verschmutzungen in der Oder zu reduzieren.

Die Pläne zur Regulierung des Flusses und die wasserbaulichen Arbeiten, die von polnischer Seite besonders stark vorangetrieben werden, gefährden das Flussökosystem zusätzlich. Denn eine weitere Regulierung des Flusses wird nicht nur die Erholung der biologischen Vielfalt der Oder beeinträchtigen, sondern auch die Selbstreinigungskraft des Flusses schwächen. „Dies birgt die Gefahr einer noch größeren Katastrophe als im August letzten Jahres“, betonte Dorota Chmielowiec-Tyszko von der Koalition „Zeit für die Oder“. „Wir werden alles tun, um dem entgegenzuwirken. Wir arbeiten an einem eigenen Plan zur Wiederherstellung des Flusses und laden die Regierungen aller drei Länder entlang der Oder zur Zusammenarbeit ein“.

Ausführlichere Informationen finden Sie auf der internationalen Website der Koalition „Zeit für die Oder“. www.saveoder.org

Hintergrund

Die Oder ist einer der letzten frei fließenden und naturnahen Flüsse in Europa und als einziger großer, mitteleuropäischer Fluss bis zur Mündung auf 500 km ohne Staustufe verbaut. Umsäumt von Weichholzauenwäldern ist der Strom bislang wichtiger Lebensraum für bedrohte und geschützte Arten. Deutsch-polnische Pläne zur Stromregelungskonzeption und Vertiefung der Fahrrinne setzen Oder und ihr Ökosystem jedoch verstärkt unter Druck. Daher setzen sich seit 2016 zehn deutsche Umwelt- und Naturschutzorganisationen im „Aktionsbündnis lebendige Oder“ für einen ökologischen Hochwasserschutz an der Oder ein. Länderübergreifend arbeiten deutsche, polnische und tschechische Umweltorganisationen in der Koalition „Zeit für die Oder“ zusammen. Ziel ist es, in Einklang mit der EU-Umweltgesetzgebung die Oder wieder zu renaturieren und den grenzüberschreitenden Schutz vor Hochwasser durch die geplanten Vorhaben zu verbessern.